1956 in Berlin-Reinickendorf geboren, studierte er ab 1967 an der dortigen städtischen Musikschule Gitarre bei Else Goguel. Da ihm das Erlernen des Instrumentes leicht fiel und er außerdem fleißig übte, machte er schnelle Fortschritte. Deshalb schickte ihn seine Lehrerin schon 1969 zum weiterführenden Unterricht zu Bruno Henze an die Musikschule Wedding, bei dem er bis 1976 auch die Grundlagen der Musiktheorie und Harmonielehre kennenlernte. So wurde er bestens vorbereitet auf sein Musikstudium an der Hochschule der Künste Berlin. Die Aufnahmeprüfung war für ihn dort kein Problem – er war einer von nur zwei Studenten, die aus einer Vielzahl von Bewerbern aufgenommen wurden. Sein Studium (1981-1984 bei Carlo Domeniconi) schloss er erfolgreich ab. Dies war sein zweiter Studienabschluss, denn vorher hatte er bereits das Staatsexamen als Studienrat für Mathematik und Physik in der Tasche. In seinem Hauptberuf war er bis 2003 als Studienrat tätig, danach als Schulrat und zuletzt als Oberschulrat, wo er die Leitung des Referats „Fächer der Berliner Schule – Rahmenlehrpläne“ inne hatte.
Aber seine große Liebe war immer die Musik. Er war jahrelang Mitglied in dem von Bruno Henze 1955 gegründeten Gitarrenchor (heute: Gitarrenensemble „Bruno Henze“) und übernahm 1983-2003 selbst die Leitung dieses Ensembles an der Musikschule Wedding, an der er 1974-2003 auch als Gitarrenlehrer tätig war. 45 Konzerte hat er geleitet: Höhepunkte waren hier der Auftritt im Fontanehaus 1984, das gemeinsame Konzert mit dem Saz-Ensemble von Siddik Dogan 1986, die Rundfunkaufnahme beim Sender Freies Berlin 1988, das erste Konzert nach dem Mauerfall in der geschichtsträchtigen Versöhnungskirche (Bernauer Straße) am 12.05.1990, die Teilnahme am Deutschen Orchesterwettbewerb 1995 und last not least die viermalige Aufführung des Brandenburgischen Konzertes Nr.3 (für Oktav-, Terz-, Prim- und Quintbassgitarren instrumentiert von Bruno Henze) von Joh. Seb. Bach sowie die zehnmalige Mitwirkung bei der Frühstücksmusik in der Fabrik Osloer Straße („Musik auf sechs Saiten“). Seine erfolgreichsten Gitarrenschüler sind Oliver Fartach-Naini, der viele CD’s eingespielt hat und nun schon seit zwölf Jahren Dozent an der Universität von Adelaide (Australien) ist, und Achim-Peter Gropius, der sich parallel an der HdK und an der Mittenwalder Instrumentenbauschule beworben hatte und sich für den Zupfinstrumentenbau entschied – er ist heute ein gefragter Gitarrenbauer (in Reutlingen).
Ganz besonders zu würdigen sind die unzähligen Konzerte, die Christian Bänsch gegeben hat – als Solist und mit verschiedenen Kammermusikpartnern.
Einige Stationen:
Wir erinnern uns mit Freude an 35 Jahre herrliche Solokonzerte mit Bach-Suiten/Präludium/Fuge, Villa-Lobos-Etüden/Präludien, Sors Grand Solo oder Giulianis Sonata Eroica, Werke von Baron, Telemann, Kellner, Händel, Turina, Ponce, Saint-Saëns, Ambrosius bis hin zu seinem Lieblingswerk von Bruno Henze (Spielmusik in d-Moll op. 161) und seinen Eigenkompositionen Träumerei/Oktavenetüde/Feierabend.
In den 80er Jahren gab er viele Konzerte mit dem Countertenor Niels Köpcke (der 7 Monate vor Christian mit 67 Jahren verstarb) – darunter war eine Tournee durch Westdeutschland; mit einer spanischen Sängerin erarbeitete er sich ein Riesenrepertoire; 1983-85 musizierte er mit Claudia Scheibner (Querflöte).
Herausragend war 1987 das D-Dur-Konzert von Vivaldi für Gitarre und Orgel (Michael Bernecker) in der idyllischen Kirche St. Peter und Paul in Nikolskoe oder 1988 das immer wieder neu zu entdeckende Konzert von Johann Sigismund Weiß mit Peter-Michael Seifried an der Orgel oder der Auftritt 1993 im Jagdschloss Glienicke mit Lutz Thormann (Querflöte).
1989-1995 bildete er mit Ilia Karadjov (Querflöte) das „Duo à travers“, ab 1999 mit Artur Dan (Blockflöte) das Duo „Der Getreue Music-Meister“; die letzten Jahre musizierte er mit Cornelia Gehlmann-Dinca (Querflöte). Außerdem war er maßgeblich beteiligt an den musikalischen Darbietungen im Diakoniezentrum Heiligensee („Klassik im Kultur-Café“) – dort sang er 2002 auch die Partie des Evangelisten bei der Matthäuspassion von Johannes Georg Kühnhausen. Sämtliche aufgeführte Bearbeitungen hat er selbst arrangiert.
Zudem war seine musikalische Bandbreite enorm: Nicht nur dass er Ende der 70er Jahre Mitglied der Berliner Folk-Formation „Narnia“ war und später jahrelang als Tenor im Heinrich-Schütz-Kreis Berlin wirkte – nein, auch in seinen Gitarrenkonzerten spielte er neben dem klassischen Programm immer einige Stücke aus den Bereichen Musical („My Fair Lady“) oder Popmusik (u.a. „Chattanooga Choo Choo“, „Classical Gas“, „Fly Me to the Moon“, „While my Guitar Gently Sleeps“).
Noch ein knappes Jahr vor seinem Tod hat er mit mir Kontakt wegen der Veröffentlichung seiner unzähligen Bearbeitungen für Gitarre solo, Flöte und Gitarre, Gesang und Gitarre – eine Aufgabe, die ich nun in den nächsten Jahren angehen werde.
Wir trauern um Christian Bänsch, der am 20.08.2016 nach schwerer Krankheit in Berlin verstarb und noch so viele Pläne hatte. Durch sein freundliches Wesen und sein Engagement für die Musik wird er uns in Erinnerung bleiben.
Das Gitarrenensemble „Bruno Henze“ veranstaltete am 30.10.2016 in der Dorfkirche Alt-Tegel ein Gedenkkonzert für Christian Bänsch, das mit über 350 Zuschauern sehr gut angenommen wurde: Mit drei Programmpunkten, die unter seiner Ära einstudiert wurden, und der von ihm arrangierten Zugabe „Raindrops keep fallin’ on my head“ wurde er geehrt.
Rainer Stelle